Lohnt sich Online-Werbung überhaupt noch?

Lohnt sich Online-Werbung überhaupt noch?

Werbeanzeigen auf digitalen Kanälen schalten ist kinderleicht. Hier und da ein paar Klicks und schon klingelt die Kasse. Fragt sich bloß, bei wem! Denn der Spaß wird immer teurer. Lohnt sich bezahlte Online-Werbung überhaupt noch?

Du spielst mit dem Gedanken, Google Ads zu schalten? Das Angebot klingt zunächst einmal verlockend: Einfach ein paar Euro investieren und schon klopfen zuhauf Kunden an. Ganz so einfach ist das jedoch nicht. Im Gegenteil. Online-Werbung rechnet sich häufig nicht. Warum das so ist, erfährst du in diesem Artikel.

Was ist Online-Werbung?

Online-Werbung ist Werbung, die über digitale Kanäle verbreitet wird. Bei Marketern besonders beliebt sind Banner Ads, Suchmaschinenwerbung (SEA) und Social-Media-Werbung. Man spricht auch von Digital Advertising oder Bezahlwerbung. So unterschiedlich die Werbeformen auch sind – das Ziel ist fast immer dasselbe: Kundenakquise.

Die häufigste Abrechnungsform ist Pay per Click (PPC). Hier entstehen für den Werbetreibenden nur dann Kosten, wenn das Werbemittel (z. B. ein Werbebanner) geklickt wurde. Außen vor bleibt dann die Werbewirkung, welche bereits durch die pure Präsenz des Werbemittels ausgeübt wird. Deshalb wird häufig auch nach Views abgerechnet.

Wachstum Online-Werbung 2022

Bedeutung von Programmatic Advertising

Programmatic Advertising spielt eine entscheidende Rolle in der Online-Werbung. Es bezieht sich auf den automatisierten Prozess des Kaufs und Verkaufs von Anzeigenplatzierungen in Echtzeit über programmatische Technologien. Es ermöglicht Werbetreibenden, ihre Zielgruppen effizient anzusprechen und Anzeigenplatzierungen basierend auf verschiedenen Datenpunkten zu optimieren.

Programmatic Advertising nutzt Algorithmen, um den Kauf und Verkauf von Anzeigenplatzierungen zu automatisieren. Werbetreibende können ihre Zielgruppen anhand von Daten wie demografischen Informationen, Verhaltensdaten und Interessen ansprechen. Durch den Einsatz von Echtzeit-Auktionen und Datenanalysen können Werbetreibende ihre Anzeigenplatzierungen optimieren und sicherstellen, dass ihre Anzeigen den richtigen Nutzern zur richtigen Zeit angezeigt werden.

Die Probleme von Online-Werbung.

Das Schalten von Online-Werbung ist mit zahllosen Risiken und Problemen verbunden. Vor allem weniger erfahrene Marketer sind sich diesen oft nicht bewusst. Gut für Werbeplattformen wie Google. Schlecht für den Werbetreibenden. 

Die Wirkung von Online-Werbung hat extrem nachgelassen.

Vor 10 Jahren haben User noch eifrig Werbung geklickt. Heute sind sie selbst bei Adwords (Anzeigen innerhalb der Google-Suchergebnisse) sehr zurückhaltend. Zu groß sind die negativen Erfahrungen. Entsprechend beliebt sind Adblocker bzw. Werbeblocker. Oft sind Zielkunden genau jene Personen, die eine Aversion gegen Werbung haben. Bezahlwerbung ist dann vergebene Liebesmüh.

Werbung ist kopierbar.

Angenommen, Deine Anzeigen funktionieren und haben einen positiven ROI. Dann ist es eine Frage der Zeit, bis alle Deine Wettbewerber auf den Zug aufspringen, Deine Keywords nutzen und vielleicht sogar Deine Creatives kopieren. Das Resultat: Die Werbung rechnet sich nicht mehr. Genauso spielt es sich tagein tagaus ab. Das Ergebnis: Der ROI ist fast überall negativ. 

Klickbetrug ist sehr verbreitet.

Beim Klickbetrug (Click Frau / Ad Fraud) handelt es sich um gefälschte Klicks, die auf Deine PPC-Anzeigen abzielen. Dazu werden speziell programmierte Bots auf Deine Anzeigen angesetzt. Entweder um Dir gezielt zu schaden, oder weil jemand höhere Werbeeinnahmen mit seiner Website erzielen möchte.

Bot Traffic

Komplexität und Intransparenz

Bei der Schaltung von Bezahlwerbung hast Du unzählige Freiheiten: Gestaltung der Anzeige, Targeting, Frequency Capping und so weiter. Ohne umfassende Tests und Experimente wirst du nie herausfinden, was für dich am besten funktioniert. Anders ausgedrückt: Speziell in der Startphase verbrennst du als Neuling viel Zeit und Geld. 

Schwierige Erfolgsmessung

Klar lassen sich “echte” Klicks ziemlich präzise messen. Nicht aber den Einfluss der Werbung auf eine spätere Kaufentscheidung mittels Attribution oder Marketing Mix Modeling (MMM). Das ist kein Problem, welches exklusiv Online-Werbung betrifft. Tatsächlich betrifft es alle Marketingaktivitäten. Dennoch ist es wichtig, sich dieser Tatsache zu stellen.

Wo lohnt sich Bezahlwerbung am ehesten?

Werbung funktioniert dann am besten, wenn ein zielgenaues Targeting möglich ist. Das ermöglichen in erster Linie soziale Netzwerke. Niemand kennt seine Kunden besser als Facebook, YouTube, LinkedIn und Co. (Gleiches gilt für Amazon – ebenfalls Anbieter von Bezahlwerbung.)

Social Media Advertising ist besonders komplex. Willst du hier erfolgreich sein und nicht Unmengen an Geld verbrennen, ist ein umfassendes Wissen über die verschiedenen Anzeigenformate und Targeting-Optionen unverzichtbar. 

In dem Zusammenhang muss man auch auf Social Commerce hinweisen, also dem Verkauf von Produkten direkt über soziale Plattformen oder per Verlinkung auf den eigenen Online-Shop. Das Marktvolumen dafür betrug 2021 rund 492 Milliarden US-Dollar und soll bis 2025 auf etwa 1,23 Billionen US-Dollar steigen, so eine Analyse von Accenture.

Voraussetzungen für erfolgreiche Online-Werbung

1. Kreativität

Das Wichtigste zuerst: Gute Werbung basiert immer auch auf herausragenden Ideen. Doch leider fällt Kreativität allzuhäufig dem Effizienzdruck zum Opfer. Das Ergebnis: Nur wenige Ad Creatives sind keine billige Kopie von existierenden Werbemotiven und Texten. Ohne Investments in kreative Ideen kannst Du das Thema Online-Werbung gleich begraben.

2. Eine verständliche Werbebotschaft

In Kampagnen steht oftmals zu sehr das Produkt im Vordergrund. Das macht es dem Betrachter schwer, die dahinter stehende Botschaft zu verstehen und ihn zu etwas zu bewegen. Besser ist es, den praktischen Nutzen des Produkts (aus Sicht des Kunden) in den Vordergrund zu stellen. Mehr zu dem Thema erfährst du hier: Marketing Features vs. Benefits.

Missverständliche Werbung erzeugt wenig Response. Oder schlimmer noch: Sie erzeugt zu viel falsche Response. Das kennen wir vor allem von Fällen, bei denen die Werbebotschaft sehr viel Interpretationsspielraum zulässt. Hier ein Beispiel:

tweet-nivea-beispiel

Quelle: Meedia.de

3. Definition spezifischer Ziele

Ohne spezifische Ziele bewegt man sich auf der Stelle. Und dennoch gibt es hin und wieder Kampagnen, bei denen man sich als Betrachter nach dem Sinn und Zweck fragt. Manchmal fällt es aber auch gar nicht auf. So beim “National Bunny Ears Day”: Im Rahmen einer Kampagne bewarb Nesquik eine App, die geschossene Portraits mit pelzigen Ohren versah. Nette Idee, aber es gab darüber hinaus keine Handlungsaufforderung. So resultieren aus der ganzen Sache gerade mal zwei Instagram-Posts sowie neun Erwähnungen bei Twitter.

nesquik-app

Quelle: Clickz

4. Korrektes Targeting

Sehr häufig werden Werbespendings verbrannt, weil die Ausrichtung fehlerhaft ist. Sofern du bei null anfängst, nehme dir einmalig ausreichend Zeit, um Zielkunden auf Basis verschiedener Merkmale zu analysieren. Teste verschiedene Zielgruppen im kleinen Rahmen und skaliere erst dann, wenn eine Gruppe besonders gut performt. Feintuning ist oft mithilfe ausschließender Kriterien möglich. Dieses Vorgehen kostet zwar Zeit, aber ist unumgänglich.

Wenn auf der Werbeplattform ein zielgerichtetes Segmentieren nicht möglich ist, nutze Similar Audiences auf Basis existierender Retargeting-Listen. So erreichst du Nutzer mit ähnlichen demografischen und verhaltensbasierten Profilen wie deine Website-Besucher.

5. Koordinination mit sonstigen Kanälen

Ist dir mal aufgefallen, dass große Marken im Ausland oft ganz andere Kampagnen fahren? Das ist für die Werbewirkung natürlich nicht optimal. Viel wichtiger ist es, in den Kanälen eines Landes konsistente Werbebotschaften zu platzieren. Wer also seine Marke nicht beschädigen will, behält alle relevanten Kanäle gleichermaßen im Auge und entwickelt eine koordiniertre Kampagne.

Den Erfolg derartiger Multichannel-Ansätze hat SAP bereits 2014 in einer internationalen Umfrage ermittelt:

 

  1. Mehr Umsatz: 74 %
  2. Bessere Akquise und Loyalität: 64 %
  3. Wettbewerbsvorteile für Marke: 62 %
  4. Bessere User Experience: 57 %

Quelle: SAP

anbieter-ppc-werbung

6. Vertrauen nicht verspielen

Hohe Klickraten sind nicht alles. Verzichte deshalb unbedingt auf aggressives Clickbaiting. Auch Native Advertising ist mit viel Vorsicht zu genießen. Kunden mögen es gar nicht, ent- oder getäuscht zu werden. Wer regelmäßig Inhalte anpreist, die dann nicht geliefert werden, wird irgendwann nicht mehr ernst genommen und verspielt sein Vertrauen.

7. Detaillierte Erfolgsmessung

Bei der Messung von PPC-Kampagnen stehen zweifelsohne die Conversion Rate oder wenigstens die Klickrate (CTR) im Mittelpunkt. Da Erfolg im Online-Marketing viele Facetten hat, lohnt sich auch ein Blick auf ein paar weitere Kennzahlen:

Verweildauer, Bouncerate und Seiten je Besuch

Beide Werte zeigen auf, inwiefern du deine Anzeigen korrekt ausrichtest. Skaliere dein Budget erst dann hoch, wenn du die am besten performende Ausrichtung identifiziert hast.

Quality Score

Für Google Ads spielt der Quality Score eine große Rolle. Dieser bestimmt maßgeblich die Kosten je Klick (CPC) und wird auf der anderen Seite stark durch die CTR, die Verweildauer und Bouncerate beeinflusst.

Kosten je Conversion

Achte stets darauf, dass die Akquisekosten (CAC) geringer sind als der Kundenlebenswert (CLTV). Andernfalls verbrennst du ohne Not viel Geld.

Beachte auch, dass Änderungen an den Kampagnen sich meistens zeitversetzt auf Kennzahlen auswirken. Vor allem aber solltest du dich mit Werbe-Attribution beschäftigen, um den Einfluss von Anzeigen auf den Umsatz realistisch bewerten zu können. Je komplexer eine Customer Journey ist, desto schwieriger ist die Messung.

Werbe-Attribution

Es gibt verschiedene Methoden und Modelle zur Werbe-Attribution, wie z. B. das Last-Click-Modell oder das Multi-Touch-Attributionsmodell. Jedes Modell hat jedoch seine Vor- und Nachteile, und es kann schwierig sein, das beste Modell für ein bestimmtes Unternehmen und seine Ziele zu identifizieren.

Wirkt Werbung überhaupt?

Hinlänglich bekannt ist, dass Procter & Gamble und Unilever vor Jahren ihre Onlinewerbung um 41 Prozent beziehungsweise 59 Prozent herunterfuhren und dabei nach eigener Aussage keinerlei Auswirkungen auf ihr Geschäftsergebnis erlebten. Auch Uber kürzte nach einem massiven AdFraud-Angriff das Online-Budget um zwei Drittel – ohne jegliche Auswirkungen auf die Zahl der App-Installationen.

Nico Neumann ist Marketing Professor an der Melbourne Business School in Australien. Er führte verschiedene Studien durch und stellte dabei zwei wichtige Dinge fest. Erstens, die Daten, die von der AdTech-Industrie eingesetzt würden, seien „unglaublich ungenau“. Und zweitens kommt er zur Erkenntnis, dass die von AdTech eingesetzte „Künstliche Intelligenz“ überwiegend Menschen findet, die ohnehin das Produkt gekauft hätten.

Alternativen zu herkömmlicher Online-Werbung

Marketing-Verantwortliche in B2B und B2C suchen händeringend nach alte­r­nativen Ansätzen abseits der ausgetretenen Pfade. Anstatt viel Geld in Werbung zu stecken, versuchen sie auf andere Weise ihr Zielpublikum zu erreichen.

  • Content-Marketing: Potenzielle Kunden mit relevanten Inhalten anlocken.
  • Empfehlungsmarketing: Potenzielle Kunden mithilfe von Multiplikatoren (z. B. Influencer) anlocken.

Aussicht

Mit dem Ende der 3rd-Party Cookies erlebt die Werbebranche einen tiefgreifenden und strukturellen Umbruch. Neue führende Akteure im Werbemarkt sind aufgetaucht, während etablierte Teilnehmer immer mehr an Relevanz einbüßen. Um die Abhängigkeit von Big-Tech-Werbeplattformen wie Google, Meta und Amazon zu verringern, müssen sich europäische Plattformbetreiber etwas einfallen lassen. Das passiert bereits. Sogar Wettbewerber wie RTL und ProSiebenSat.1: arbeiten technologisch zusammen.

Fazit

Du willst Neukunden per Online-Werbung gewinnen? Dann sei vorgewarnt! Denn es ist nicht schwer, dabei viel Geld zum Fenster rauszuschmeißen. Vor allem, wenn du die Themen Conversion-Optimierung und Kundenbindung nicht ernst genug nimmst.

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Moin aus Hamburg!
Mein Name ist Frank und ich bin bereits seit Mitte der 1990er in der Digitalbranche unterwegs. Meine Schwerpunkte sind Content-Marketing, E-Mail-Marketing und MarTech.