Website-Verweildauer richtig messen und interpretieren.

Website-Verweildauer richtig messen und interpretieren.

Ein beliebter Indikator zur Erfolgsmessung ist die Website-Verweildauer. Doch was taugt diese Metrik? Und wie wird sie von Webanalyse-Tools berechnet? Tatsächlich kursieren unzählige Missverständnisse rund um die Verweildauer …

Wer sich länger in einer Shoppingmall aufhält, gibt mehr Geld aus. So zumindest das Kalkül der Betreiber. Weshalb sie regelmäßig viel Geld in Deko und Entertainment stecken. Im Web gelten natürlich andere Regeln. Kleinigkeiten bringen ihn dazu, einen Online-Shop wieder zu verlassen.

Im Online-Marketing streben alle nach “Engagement”. Damit verbunden die Annahme, mehr zu verkaufen. Aber ist die Verweildauer tatsächlich ein Merkmal für Erfolg? Und lässt sie sich überhaupt richtig messen?

Was ist die Website-Verweildauer?

Die Website-Verweildauer (auch Dwell Time genannt) ist die in Sekunden und Minuten angegebene Dauer, die User auf einer einzelnen Seite verweilen.

Und damit wären wir schon beim ersten Problem. Ob die Ladezeit und das Rendern der Seite dazugehört, ist nicht klar definiert. Die Verweildauer kann auch Wartezeit sein.

Um schwach performende Seiten zu ermitteln, ziehen wir neben der Abbruch- und Ausstiegsrate vor allem die Verweildauer einzelner Seiten heran. Google nennt dies die “Durchschnittliche Zeit auf der Seite”.

verweildauer-google-analytics

Wie berechnet Google Analytics die Verweildauer auf der Seite?

Google Analytics und andere Webanalyse Tools gehen standardmäßig recht brachial vor, um die Verweildauer zu ermitteln. Betrachtet wird nur, wann eine Seite aufgerufen wird. Demnach endet der Besuch einer Seite, sobald eine andere Seite geöffnet wird.

berechnung-verweildauer
Bei der Berechnung werden Bounces und Exits ignoriert – also alle Besucher, die auf der betreffenden Seite die Sitzung beenden.Das Ganze hat natürlich einen Grund: Ein Browserfenster kann dem Server nicht melden, dass es eine Seite verlassen hat. Schon gar nicht, wenn der Browser geschlossen wird oder die Verbindung abbricht. Es kann nur melden, dass eine bestimmte Seite geöffnet ist. Zur Ermittlung der Verweildauer müsste es dazu alle paar Sekunden ein Lebenszeichen an den Server “pingen”. Der könnte dann die Verweildauer berechnen. Dazu würden jedoch ziemlich viele Ressourcen aufgewendet werden. 

Probleme

Ein derartiges Messverfahren lässt naturgemäß einige Fragen unbeantwortet:

  • Wie aktiv war der Besucher tatsächlich auf der Seite? 
  • Was passiert, wenn der Besucher verschiedene Browser-Tabs öffnet?
  • Wie lang ist die Verweildauer auf der Ausstiegsseite?
  • Werden die resultierenden Werte von den Zielkunden geprägt – oder eher von sonstigen Website-Besuchern?

Die Krux mit dem Durchschnitt

Zu allem Überfluss werden die Zahlen in einem arithmetischen Mittelwert zusammengefasst. Waren in einem bestimmten Zeitraum 100 Besucher nur 3 Sekunden auf der Seite – einer aber 600 Sekunden, ergibt sich ein Mittelwert von 9 Sekunden. Ist so eine Information hilfreich?

Vor allem bei geringer Stichprobe (Besucher im gemessenen Zeitraum) ist der ermittelte Durchschnitt anfällig für Ausreißer. In so einem Fall ist es sinnvoll, den Zeitraum zu vergrößern. Eine generell hohe Streuung löst das Problem aber kaum.

Noch eine Herausforderung: Ermittelte Werte sind nicht immer normalverteilt. Besonders verwirrend ist der Mittelwert dann, wenn es mehr als eine Häufung gibt, wie im folgenden Beispiel. Das arithmetische Mittel liegt hier bei etwa 50 Sekunden und sagt ebenfalls wenig über die Realität aus.

seiten-verweildauer
Für die Sitzungsdauer schafft Google Analytics übrigens Abhilfe, indem es Werte gruppiert, d. h. diskrete Merkmale ableitet. Zum Beispiel eine Sitzungsdauer von 31 bis 50 Sekunden.

Das Tolle an diskreten Merkmalen ist, dass deren Häufigkeit (hier Sitzungen und Seitenaufrufe) präsentiert werden kann. Das ist deutlich aussagekräftiger als ein Durchschnittswert.

Einflussfaktoren der Website-Verweildauer

Zunächst einmal sollte klar sein, dass die tatsächliche Verweildauer stark vom Inhalt einer Seite abhängt. Besteht sie nur aus zwei Textzeilen, ist sie vermutlich kürzer, als wenn sie 200 Textzeilen inkl. diversen Videos, Tabellen und Infografiken umfasst. Daher solltest du vermeiden, die Verweildauer von Seiten direkt miteinander zu vergleichen.

Was sonst erhöht die Verweildauer?

  • Besucher tun sich damit schwer, den Inhalt zu verstehen.
  • Der Inhalt nicht lesbar oder es treten Probleme in der Darstellung auf.
  • Besucher verzweifeln an einem Formular bzw. einer Captcha-Eingabe.

Was sonst verringert die Verweildauer?

  • Tracking-Skripte sind fehlerhaft installiert. 
  • Inhalte werden fehlerhaft dargestellt.
  • Besucher kennt Inhalt bereits und klickt weiter.
  • Besucher ist vom Inhalt sofort überzeugt und klickt den Call-to-Action-Button.
Eine lange Verweildauer ist folglich nicht per se etwas Erfreuliches. Und eine kurze Verweildauer nicht unbedingt ein Grund zur Sorge. 

Fazit

Tools wie Google Analytics, Matomo und Plausible sind praktisch, verführen jedoch zu falschen Schlussfolgerungen. Schwache Seiten erkennst du nicht unbedingt an einer kurzen Verweildauer. Relevanter ist ggf. die Abbruch- und die Absprungrate. Gewissheit bringt eine umfassendere, ganzheitliche Analyse der Kennzahlen.

Ergänzende Artikel