Rund 27 % aller Unternehmen nutzen bereits Chatbots. Loblieder hört man jedoch speziell vonseiten der Anbieter. Sorgen Chatbots tatsächlich für mehr Neugeschäft und Umsatz? Oder sind sie für Marketing und Sales ungeeignet?
Eine der wichtigsten Aufgaben von Marketern ist es, einen Dialog mit Website-Besuchern zu initiieren. Dafür werden tolle Landingpages gestaltet. Was nützt in diesem Zusammenspiel ein Chatbot?
Was ist ein Chatbot?
Der Begriff Chatbot setzt sich aus den zwei Wörtern „Chat“ im Englischen plaudern; und „Bot“ die Kurzform von Robot zusammen. Chatbots gehören zur Familie der Software-Agenten. Es sind virtuelle Berater, die eine Interaktion zwischen Mensch und Computer führen. Es handelt sich also um ein Online-Dialogsystem, ein “automatisierter Textassistent”, der in Echtzeit agiert.
Das passiert beim Chatbot durch Trigger Keywords. Wenn Du also eine Frage oder einen Befehl eingibst, analysiert der Bot die Worte und durchsucht daraufhin das Netz oder bestimmte Wissensdatenbanken.
Ein Bot unterstützt User bei der Suche nach Informationen. Das kann bei der Abfrage des Wetters, aktueller Nachrichten, dem Lieferstatus Deines Paketes oder beim Einkaufen im Internet sein. Chatbots versprechen das, was auch Apps schon lange können, nur dass sie alles auf Zuruf erledigen.
Zu Beginn der Entwicklung machten Spracherkennung bzw. Sprachsteuerung noch nicht so viel Spaß und das Leben der Kunden nicht wirklich einfacher. Das lag daran, dass sie die Semantik hinter Wörtern nicht erkannten. Das ist auch heute noch (trotz ChatGPT) eine Herausforderung.
Wie funktionieren Chatbots?
Bei einem Chatbot handelt es sich um ein technisches Dialogsystem, mit dem per Texteingabe oder Sprache kommuniziert werden kann.
Erste Chatbots arbeiteten rein textbasiert. Doch mit der zunehmenden Weiterentwicklung der Sprachsynthese und Spracherkennung kann die Kommunikation mit vielen Chatbots mit einem Mix aus Text und Sprache oder rein sprachbasiert stattfinden. Chatbots werden direkt in den Messenger eingebunden – Anbieter wie der Facebook Messenger oder Telegram bieten bereits passende Schnittstellen.
Auf der technischen Seite kann man sich bei einem Bot ein Wenn-Dann-Prinzip vorstellen. Um eine Anfrage zu verarbeiten und zu beantworten, verwenden Chatbots Wissensdatenbanken und Erkennungsmuster für die jeweiligen Fragen und Antworten. Das bedeutet, sie nutzen ein vorab festgelegtes Set von Inhalten.

Quelle: Der Bank Blog
Du schickst einem Bot eine Nachricht, die anschließend von ihm verarbeitet wird. Die Verarbeitung erfolgt nach dem Wenn-Dann-Prinzip. Das heißt: Du definierst zuvor, welche Antworten Dein Bot auf welche Frage geben soll.
Ein Beispiel für dieses Prinzip: Wenn ein Nutzer “Zeige mir Deinen Standort” schreibt, dann zeige ihm eine Wegbeschreibung.
Welche Arten von Chatbots gibt es?
Bot ist nicht gleich Bot. Sie tauchen in unterschiedlichen Formen auf. Obwohl es keine neue Erfindung ist, hat die Nutzung von automatisierten Textassistenten in den letzten Jahren an Dynamik gewonnen. Der aktuelle Hype in Bezug auf textbasierte Chatbots, mit denen der Benutzer über einen Messenger interagiert, wurde von Mark Zuckerberg mit der Eröffnung der neuen Chatbot Plattform für Facebook im April 2016 ausgelöst.
In Zeiten von Messenger-Diensten wie Facebook Messenger oder WhatsApp etablieren sich Chatbots nach und nach als interaktive Form der Informationsvermittlung. In sozialen Netzwerken wie Twitter oder Facebook werden sie auch Social Bots genannt. Weiter findet man Chatbots auf Webseiten oder in digitalen Assistenten wie die Spracherkennungssoftware Alexa oder Siri. Sie basieren aus technologischer Sicht ebenfalls auf Chatbots.
Einige sind als Chatfenster sichtbar, andere funktionieren mit nahezu menschlichen Stimmen. Teilweise müssen sie manuell aufgerufen werden, andere wiederum poppen automatisch als Chatfenster auf, sobald eine bestimmte Seite besucht wird.
Ein weiterer technologischer Durchbruch gelang dem Unternehmen OpenAI. Deren 2022 präsentierter Prototyp eines textbasierten Dialogsstem wurde mit großen Datenmengen gefüttert und liefert zu fast allen Themen adäquate Antworten. ChatGPT generiert sogar ganze Artikel, Briefe, Aufsätze und Gedichte.
Vorteile von Chatbots
Durch Chatbot Marketing lässt sich die Customer Experience effizienter gestalten:
- Erweiterung der Kundenansprache auf weitere Kanäle wie z. B. Messaging- und Social-Network-Apps.
- Support Service auch außerhalb der üblichen Öffnungszeiten.
- Permanente Begleitung des Kunden auf seiner gesamten Customer Journey.
- Generierung umfassender Customer Insights.
- Erweiterung der CRM-Datenbasis: Die geführten Unterhaltungen werden automatisch dokumentiert und aufgezeichnet.
- Up- und Cross-Selling: Eingreifen der Chatbots während Verkaufsvorgang, um zusätzliche Verkaufsanreize zu schaffen.
- Chatbots arbeiten zuverlässig und bleiben mit jedem Kunden geduldig.

Was ist der Unterschied zwischen Chatbots und künstliche Intelligenz (KI)?
Chatbots und künstliche Intelligenz werden oft in einem Atemzug genannt. Dabei hat zunächst beides miteinander wenig zu tun. Vielmehr sind Chatbots eine Anwendung, während künstliche Intelligenz eine zugrunde liegende Technologie ist.
Exkurs: Natural Language Processing (NLP)
Menschliche Sprachen sind deutlich komplexer als Computersprachen. So haben viele Wörter abhängig vom Kontext eine unterschiedliche Bedeutung. Auch spielt in Sätzen oft die Reihenfolge von Wörtern eine entscheidende Rolle.
NLP liefert Funktionalitäten, menschliche Sprache zu verarbeiten. Nachfolgend ist NLU (Natural Language Understanding) für die Interpretation der generierten Daten zuständig. Umgekehrt menschliche Sprache zu erzeugen, ist weniger komplex und Teil des NLG (Natural Language Generation).
Die in der Praxis anzutreffenden Chatbots erkennen Texteingaben an vordefinierten Keywords. Sie unterstützen uns bei der Suche nach Informationen, bei der Abfrage des Wetters, aktueller Nachrichten, beim Online-Shopping und dem Lieferstatus Ihrer Pizza:

Durch den Einsatz von KI und Natural Language Processing (NLP) kann man Chatbots intelligent und lernfähig machen. So zumindest in der Theorie. Tatsächlich sind Chatbots aus unserem Alltag alles andere als intelligent. Daher ist die Nutzerakzeptanz auch nicht besonders hoch. Die Entwicklung schreitet jedoch in großen Schritten voran.
Anwendungsbereiche von Chatbot Marketing
Service Bot
Häufig suchen Website-Besucher nach Informationen zu Produkten oder Dienstleistungen. Kann der Besucher diese Informationen nicht finden, ist er schnell wieder weg und kommt eventuell niemals wieder. Was mit einem kleinen Support Team schnell zur Herausforderung wird, ist mit einem Chatbot im Kundenservice (auch Service Bot) im Handumdrehen gelöst. Der Service Bot hilft Deinem potenziellen Kunden, sich zurechtzufinden und liefert somit einen Beitrag zur Kundenbindung.
Vor allem, wenn es um das Durchsuchen großer Datenmengen geht, ist der Bot schneller als ein herkömmlicher Mitarbeiter und kann Prozesse innerhalb des Unternehmens optimieren.
Ein gutes Beispiel für einen Service Bot ist Fiete, der digitale Kundenberater der Hamburger Hochbahn (HHA). Fiete hilft Kunden weiter, die Fragen zu Verbindungen, Preisen, Fundsachen etc. haben.
Q&A / FAQ Bot
Q&A bzw. FAQ Bots dienen der Beantwortung häufig gestellter Fragen. Sie stellen eine unkomplizierte Möglichkeit dar, umfangreiche Informationen wie FAQ-Bereiche oder Bedienungsanleitungen für den Kunden per Self-Service automatisiert per Chat beantworten zu lassen. Question & Answer Bots senken die Kosten für den Support und liefern gleichzeitig Anregungen bzw. Informationen für weitere Produktentwicklungen.
Gaming Bots
Hier geht es um Entertainment und Brand Awareness. Diese Chatbots haben das Ziel, uns nach und nach „süchtig“ nach dem Unternehmen zu machen. Im Marketing wird diese Form des Chatbots genutzt, um die Zielgruppe nicht nur auf ein Produkt aufmerksam zu machen, sondern eine emotionale Bindung zu erschaffen.
Ein Beispiel für einen Gaming Bot ist der Jäm Bot: Eine Hamburger Digitalagentur hat 2017 einen Facebook-Bot für Jägermeister entwickelt. Jägermeister-Fans konnten auf Facebook persönliche Nachrichten an Freunde verschicken. Der Witz dahinter? Die Nachricht wurde nicht geschrieben, sondern persönlich von den Rappern Eko Fresh und Ali As ins Mikrofon gerappt.
News / Information Bot
Informationen im Stil einer Chat-Nachricht. Mit einem News Bot werden wir regelmäßig mit den neuesten Nachrichten via Facebook Messenger versorgt. Im Prinzip sind sie nichts anderes als Newsletter. Zu bestimmten Zeiten werden News an interessierte Nutzer gepusht. Diese Bots funktionieren ohne Probleme und erfüllen ihren Zweck. Sie sind aber definitiv nicht die Vorreiter, was die Kundenkommunikation im Sinne eines beidseitigen Austauschs betrifft.
Seit Juni 2018 versorgen die Tagesschau und der NDR ihr Publikum zweimal täglich mit einer Zusammenfassung des aktuellen Weltgeschehens im Chat-Format. Der Nutzer kann dann entscheiden, ob er nähere Details zu einem bestimmten Thema haben möchte oder lieber zur nächsten Nachricht springen will.

Chatbot Marketing im Einsatz
Prinzipiell sind Chatbots überall dort einsetzbar, wo mit Menschen kommuniziert wird. Viele Unternehmen nutzen Bots, um Kosten zu sparen und ihren Kundenservice zu verbessern. Beim Chatbot Marketing (auch Conversational Marketing genannt) geht es hingegen um die Leadgenerierung auf der eigenen Website. Das ist vor allem in Inbound-Marketing-Strategien ein wichtiger Bestandteil.
In der Studie “2018 State of Chatbot Report” in eine Zusammenarbeit zwischen Drift, SurveyMonkey, Audience, Salesforce und Myclever wurden User gefragt, was sie von einem Chatbot erwarten.

Die Krux ist, dass Kunden wollen eine sofortige Antwort auf ihre Frage erwarten. Liefert ein Chatbot sie nicht, sind sie unzufrieden. Das ist übrigens ein Grund, weshalb die Akzeptanz von Chatbots nicht besonders groß ist. Laut einer Studie aus dem Jahre 2017 wollen 71 % der gefragten User Chatbots prinzipiell nicht nutzen.
Hinzu kommt, dass die COVID-Ära eine Sehnsucht nacht persönlichen Kontakt vergrößert hat. Ebenso die Erwartungshaltung an den Kundenservice.
Gehört Chatbot Marketing die Zukunft?
Chatbots reagieren auf Fragen in natürlicher Sprache; Sie füllen Deine Einkaufslisten oder schalten Deinen Saugroboter ein. Dies sind nur einige von vielen Möglichkeiten, wie sich virtuelle Assistenten in unserem Alltag integrieren.
Chatbots und Customer Experience
Jede erworbene Leistung ist für den Kunden mit Erlebnissen verbunden. Dies trifft ebenfalls auf die Interaktion mit einem Unternehmen zu. Zentrale Rolle nimmt dabei das (Einkaufs-) Erlebnis bzw. die Customer Experience ein. Sie kennzeichnet sich vor allem durch einen immer stärkeren Wettbewerb mit austauschbaren Produkten und Dienstleistungen aus.
Können Chatbots die Customer Experience verbessern? Häufig schon, aber es kommt auch zu negativen Kundenerfahrungen.
Schlimmer noch: Fast jeder Kunde hat bereits negative Erfahrungen mit Chatbots gemacht. Viele meiden sie deshalb, so gut es geht. Schlimmer noch: Der Ärger über schlechte Chatbots färbt sich auf die Marke ab.

Kunden wollen persönlichen Kontakt - kein Pseudo-Persönlichkeit
Laut Facebook kaufen 53 % aller Kunden lieber bei Unternehmen, mit denen sie in direkten Kontakt treten können. Sie reagieren sehr positiv auf die Interaktion mit echten Menschen – selbst wenn es mittlerweile Chatbots sind, mit denen sie kommunizieren. Rund 56 % aller Kunden würden lieber Nachrichten schreiben, als den Kundenservice anzurufen. Zeichnet sich hier ein neuer Trend ab?
Tatsache ist auch: Fast jeder Kunde hat bereits negative Erfahrungen mit Chatbots gemacht. Viele meiden sie deshalb, so gut es geht.
Was ist nun der Mehrwert eines Chatbots?
Die große Frage ist auch: Was können derzeitig Chatbots leisten, was der User auf einer statischen Website selbst nicht hinbekommt?
- Eine bestimmten Inhalt auf der Website finden: Mit guter Navigation, Website-Struktur und Onsite-Search kein Problem.
- Kontaktdaten erfassen? Das kann jedes Webformular ebenso.
- Typische Fragen beantworten? Das leistet eine gut aufbereitete FAQ-Page ebenso.
Fazit
Zum jetzigen Zeitpunkt wird das Einsatzpotenzial von Chatbots nicht mal ansatzweise ausgeschöpft. In Zukunft werden sie auch alltägliche Aufgaben übernehmen. Mithilfe neuer Angebote und Services entstehen neue Differenzierungsmöglichkeiten für Unternehmen.
Die Möglichkeit, in Echtzeit kompetente Informationen und Antworten zu liefern, eröffnen zusätzliche Umsatzchancen. Hier hapert es jedoch noch. Aktuell sind Chatbots häufig eher Conversion Killer. Auf keinen Fall sind sie bereits ein Ersatz für Menschen, weshalb Live-Chats oft die bessere Option sind.
Ergänzende Artikel

Moin aus Hamburg! Mein Name ist Frank und ich beschäftige mich seit über 20 Jahren intensiv mit E-Mail- und Content-Marketing. Mein erstes Content-Projekt war 1997 ein Special über Inline-Skating auf otto.de. Besuche gern mein LinkedIn-Profil.